Wieder eine Zeit später – Das Stadtfest in Lydius, martialische Damen und ich werde viral.
Mittlerweile fühle ich mich immer sicherer – und ich habe immer mehr Spaß am Gor-RP. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Onlinespiel nahezu die RP-Tiefe und –Qualität einer Runde P&P mit Freunden am Wohnzimmertisch haben kann, finde mich aber eines besseren belehrt und immer weiter in das tägliche Chaos des Lebens in der Hafenstadt verwickelt.
Natürlich sind das immer noch die Flitterwochen – alles ist neu, bunt, sexy und aufregend, da ist es nicht gerade ein mörderischer Aufwand, begeistert zu sein. Ob sich das zu einer stabilen Langzeitbeziehung auswächst auch wenn die ersten Falten und grauen Haare auftauchen? Ich weiß es nicht, bin aber guter Hoffnung, da es bisher nicht nur Laune macht, Neues zu entdecken (und da gibt es ohne Frage immer noch mehr als genug!), sondern auch die sich langsam entwickelnden täglichen Geschichten zu verfolgen, den Faden zu verlieren, weil man nicht da war, als etwas passierte, durch Erzählungen wieder aufzuholen, sich einzubringen....eben Teil einer sich ständig verändernden Welt zu sein, die sich in ihrer strikt geregelten Struktur seltsam wohltuend vom echten Leben abhebt.
Nicht falsch verstehen – ich glaube immer noch daran, dass die dritte bourgeoise Revolution es gebracht hätte und hänge auch anderen sozialen Utopien an, aber hin und wieder die Augen in einer Gesellschaft aufzuschlagen, in der Dinge „einfach so sind, weil es halt so ist und es gut so ist, weil es immer schon so war“ hat etwas entspannendes. Auf die Art, wie Kartoffelsalat nach einer Woche Pasta mit Rucola entspannend ist.
Hätte mir vor zwei Monaten jemand gesagt, dass ich Freude daran haben könnte, eine Welt zu erkunden, in der Roland Koch als Liberaler gelten würde, hätte ich dem Betreffenden einen gepflegten Vogel gezeigt – aber es ist so! Beschränkungen können auch kreativitätsfördernd wirken.
Aber was ist denn nun so in letzter Zeit rund um den Schreiber mit dem verwunderten Blick auf´s Geschehen passiert?
Ich durfte die Zeremonie für Lady Satine und Sir Auron halten, die sich als Freie Gefährten nahmen (sagt man das so? Das hört sich irgendwie fremdartig an). Es lief auch wunderbar – selbst als die natürliche Ausgelassenheit der vier zur Dekoration verpflichteten Krieger zeitweilig gar exotische Blüten trieb (Halblautes Wundern, was denn nun wirklich unter dem Schleier verborgen wäre, Magenknurren und Gejammere nach Alkohol ...) oder ich einmal ein paar Minuten reichlich dumm herumstand, da ich der Meinung war, nun müsste das Paar etwas sagen und die das selbe von mir dachten. Nun, so etwas kommt auch im echten Leben immer wieder vor und etwas soziale Gehemmtheit plus profundem Erröten im Anschluss gibt einer feierlichen Angelegenheit doch erst die rechte Würze.
Diese Zeremonie war lediglich der Auftakt für das mehrere Tage dauernde Stadtfest, in dessen Verlauf ich nicht nur exquisite Tanzdarbietungen bewundern durfte (der durchschnittliche Tanz manch einer Kajira wäre in der Videothek aber schon eher in der Abteilung mit den größtenteils rosafarbenen Covern angesiedelt! Beim Geist des großen Cäsar – das war wirklich nichts für Leute mit Herzschrittmacher!), sondern auch beinahe mit Kuchen beworfen wurde (Danke, Lady Lola!), fast den Schwertkampfwettbewerb verfolgen konnte (zu viele Teilnehmer und Zuschauer – nach der Hälfte der Zeit sah ich das erste Mal Texturen...), auf einer Semi-OOC-Party herumzappelte, beim Kaiissaturnier vom Prätor die Hosen ausgezogen bekam (natürlich nur im übertragenen Sinne! Ich will hier keine wilden Gerüchte anstiften!), vom Slaver noch einmal deutlichst auf die Vorzüge einer rothaarigen Neu-Sklavin hingewiesen wurde („Sie kann ein bisschen Lesen und schreiben. Und sie ist noch weiße Seide!“ wink, wink, nudge, nudge, say no more...), einer traumatisierten Edelsteinhändlerstochter die Schüchternheit nahm (das hört sich extrem kitschig an...) und schlussendlich der Siegerehrung beiwohnte, bei der in einigen Kategorien auch ordentlich „unsere“ Leute auf dem Treppchen standen. Hurra für Sunjas und Azizas Tänze!
Neben dem Stadtfest gab es auch andere RP-Erlebnisse, da ich immer noch nebenher die Orte der Pilgerreise besuche und fast immer interessante Leute kennen lerne – wenn denn mal jemand da ist!
Diesmal führte mich mein Weg wieder in die Wüste. Wenn das Wetter draußen vor der Tür schon eher arktische Qualitäten aufweist, möchte man im Spiel doch gerne in südlichere Gefilde flüchten.
Zunächst versuchte ich, Sand Sleen zu besichtigen – was mir nicht gerade einfach gemacht wurde. Zunächst galt es, sich durch mehrere Teleporter zu wuseln (oder habe ich das nur völlig missverstanden und es wäre eigentlich schneller gegangen? Follow the yellow brick road!), dann stand ich in der Wüste und sah in der Ferne die Mauern einer Stadt. Frohgemut spazierte ich durch den Sand dorthin – und blieb an einer unsichtbaren Barriere hängen? Pool´s closed? So sah es aus! Auch entlangwandern an diesem durchsichtigen Hindernis brachte nichts – Sand Sleen blieb mir verschlossen! Am falschen Meter konnte es nicht liegen, ich habe wohl irgendetwas übersehen.
Allerdings war ich nicht gewillt, meine Pilgerei für diesen Tag aufzustecken und besuchte deshalb Stones of Silver.
Auch hier landete man zunächst im Sand. Ich fand das sehr schön – sich der Stadt erst einmal langsam zu Fuß nähern und sich wirklich wie ein Reisender fühlen. Bald stand ich vor einem mehr als abweisenden Tor, das sich wie eine Trutzburg aus der Einöde erhob. Zum Glück war jedoch der Wehrgang besetzt und ich wurde eingelassen. Im Inneren fand ich einen Haufen schwer bewaffnete und zum Teil (na gut: eine) extrem angriffslustige Damen vor, regiert von einer doch recht gelassenen Tatrix, welche gerade einer gefangenen und reichlich renitenten Panther an ihrer Kette Manieren beibrachte.
Im Verlauf meines Aufenthaltes wurde ich mehrfach mit einer Fischsuppe bedroht (ich war weise genug, mitten in der Wüste derartig zweifelhafte Köstlichkeiten zu meiden), lernte eine putzige Kajira („Riva würde sogar ein Sack stehen!“) und einen Mann kennen, der einen Vogel auf der Schulter trug, welchen er abgerichtet hatte. Außerdem wurde ich Zeuge einer wüsten Ausfälligkeit samt den daraus resultierenden Konsequenzen (die Panther tat mir nicht besonders leid, wenn ich sie auch in gewisser Weise verstand) und hatte einmal mehr eine Menge gelernt und Spaß gehabt, als ich schließlich weiterzog.
Wieder einmal hatte sich gezeigt, dass Gor in SL immer unterschiedlich interpretiert und gespielt wird. Jeder hat so seine Vorstellungen und hält damit auch nicht hinterm Berg – und jeder Neuankömmling hat durch die Pilgerreise die Möglichkeit, seine favorisierte Sichtweise zu finden und sich auf der entsprechenden Sim niederzulassen.
Apropos Neunankömmling: Ich habe mich zum Multiplikator gemausert! Zwei Freunde habe ich zumindest mal neugierig gemacht („Wie geht das denn, ohne Monster?“ – „Homo homini lupus, Florian!“) und ich habe Lola nach Gor geholt. Genau, jene Lola aus meinem ersten Abenteuer. Die Dr.-Who-Fan-Woman ist zur Heilerin mutiert (jaja, die Doctor, pun intended). Noch ist sie eher skeptisch und scheint an jeder Ecke plötzliche und unvermittelte Versklavung und mutwillige Zerstörung zu wittern – doch da derartiges verwunderlicherweise bisher ausblieb, wird für sie das Ganze immer mehr zu einem „normalen“ Rollenspiel.
So schließe ich den heutigen Reisebericht aus der deutschen Gor-Welt mit den Worten: Es ist immer noch spannend!