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Selbsthilfegruppen

Wenn ich davor warne bei bestimmten Symptomen keinen Fachmann zu Rate zu ziehen und das allein mit irgendwelchen Selbsthilfegruppen zu lösen, dann hat das schon seinen Grund:
Wenn jemand nicht funktionierende Rezepte Rezepte in Geselliger Runde vorschlägt, dann hast du schlimmstenfalls einen vermurksten Teig zu entsorgen.

Wenn sich ein Borderliner oder sonst wie selbstgefährdeter Mensch davon triggern lässt, dass ein anderer in der Runde von seinen Missbrauchserfahrungen oder seinen Problemen und seinen Selbstmordgedanken erzählt, dann muss man ihn schlimmstenfalls von einer Lokomotive oder vom Sockel eines Aussichtsturms kratzen.

Und das sag ich nicht als Dipl.Psychologe, sondern als jemand, der in seinem engeren Bekannten- und Freundeskreis eben auch solche Menschen hat, und der genau dieses Triggern schon mehrmals live mitbekommen hat. Also nicht das von der Lok kratzen (so weit ist es noch nicht ganz gekommen), aber manchmal reicht da z.B. im TV ein Bericht über irgendwas, eine Diskussion über ein bestimmtes Thema - und es macht bei jemandem "klick" zwischen den Ohren und für den Rest des Abends ist derjenige dann etwas "neben der Kappe" und einfach "bisschen seltsam drauf".
Und ruft am nächsten Mittag dann an um sich zu erkundigen, ob ich noch H2O2 vom Haare färben über habe um Blutflecken aus dem Ärmel des Shirts zu bekommen.

EDIT/Ergänzung und Klarstellung: Blutflecken nicht wegen eines Suizidversuchs, sondern einfach weil sich da jemand bisschen tiefer in die Arme geritzt und geschnitten hat. Wenn so jemand wirklich einen Suizid machen möchte, dann gibts am nächsten morgen keinen Anruf mehr...
 
Wenn ich davor warne bei bestimmten Symptomen keinen Fachmann zu Rate zu ziehen und das allein mit irgendwelchen Selbsthilfegruppen zu lösen, dann hat das schon seinen Grund: ...

Yep, wer mich über Jahre und aufmerksam gelesen hat, weiß, dass ich über Selbsthilfegruppen in der Regel sehr kritisch schreibe.
Um zu lernen, Verhalten zu ändern, braucht man das andere Verhalten als Vorbild. In einer Selbsthilfegruppe sind Menschen mit dem gleichen Problem, und die Lösung ist dann in der Regel eine Basis, eine Glaubens- und Werteordnung, die das Problem als unheilbar darstellt (teilweise entgegen wissenschaftlichen Belegen) und daher viel mehr das Leben MIT dem Problem trainiert als das Herauskommen, das Leben OHNE das Problem.

Wer ein Problem wirklich loswerden will, braucht ein Vorbild eines Lebens ganz ohne das Problem, und ein solches Vorbild ist in der Regel in der Selbsthilfegruppe nicht zu finden.

Daher volle Zustimmung für das von mir fett gemachte Wort allein.
Eine Selbsthilfegruppe kann nicht allein der Weg in ein Leben ganz ohne das Problem sein, sie wird in der Regel nur die Lösung bieten, das Problem zu kontrollieren, meist mit irgendeinem Verzicht verbunden.

Selbsthilfegruppen, und ich kenne viele von der Güte, sind aber ein sehr gutes Auffangbecken für die erste Erkenntnis, dass man ein solches Problem überhaupt hat, für die Erfahrung, dass man nicht alleine ist, und dafür, auch Anlaufstellen außerhalb der Gruppe zu kennen und zu vermitteln.
Bei einer Selbsthilfegruppe, die von sich behauptet, die Probleme komplett alleine lösen zu können, würde ich mit Misstrauen begegnen.

Wenn jemand nicht funktionierende Rezepte Rezepte in Geselliger Runde vorschlägt, dann hast du schlimmstenfalls einen vermurksten Teig zu entsorgen.

Stimmt.
Und dennoch leben wir zu Millionen miteinander in diesem Land und geben unseren Mitmenschen immer wieder Ratschläge, loben sie, strafen sie, klammern sie aus unserer Freundesliste aus, oder komplett aus der Kommunikation, urteilen über sie, schreiben über sie in Foren, mobben sie oder fördern sie, lösen miteinander Probleme oder verweigern dem anderen jegliche Problemlösung.
All die kleinen zwischenmenschlichen psychologischen Probleme, die bearbeiten wir miteinander jeden Tag, in kleinen und großen Gruppen.

Und dann fällt eines auf: Zum Arzt gehen viele schon, wenn es in der Nase kitzelt, andere vertrauen auch bei fieberhafter Grippe auf Honigmilch, heiße Zitrone, Schlafen und Schwitzen.
Aber wir (der größere Teil unserer Gesellschaft) gehen viel schneller zum Artz als zum Zahnarzt. Es gibt Menschen, bei denen wird das Loch im Zahl so tief und schmerzhaft .. und sie trauen sich immer noch nicht zum Zahnarzt.
Und noch höher ist die Schwelle zum Psychologen, zum Therapeuten.

Wenn sich ein Borderliner oder sonst wie selbstgefährdeter Mensch davon triggern lässt, dass ein anderer in der Runde von seinen Missbrauchserfahrungen oder seinen Problemen und seinen Selbstmordgedanken erzählt, dann muss man ihn schlimmstenfalls von einer Lokomotive oder vom Sockel eines Aussichtsturms kratzen.

Vor dem Zitat hatte ich die drei Ärzte und unsere Schwelle, sie zu konsultieren genannt.
Die Schwelle zur psychologischen Beratung führt dazu, dass wir in Sachen psychischer Störung immer nur vom Schlimmsten Reden, Selbstmord, Borderline usw.

Angst davor, dass es das Schlimmste sein könnte, verhindert eben auch guten Rat. Wenn wir vor lauter Angst, etwas falsch zu machen, keinen Rat geben, dann ist auch diese Entscheidung eine Entscheidung ... die, den anderen ratlos dastehen zu lassen ...

Die erste heftige Selbstmorddrohung, die mir heute noch glasklar in Erinnerung ist, habe ich als taxifahrender Student erlebt. Ein Fahrgast, der bezahlte und dann ganz deutlich sagte, dass er nun aussteigen wird und Selbstmord begehen wird.
Da ist keine Zeit, einen Therapeuten zu fragen, da kann ich auch nicht einfach nicht nicht reagieren, da habe ich nur wenige Sekunden für eine Entscheidung. Ich kannte den Menschen nicht, ich würde ihn so oder so nie wiedersehen, es gab auch keine Chance, ihn irgendwohin zu bringen ... die Tür war schon auf, ein Bein draußen.
Natürlich habe ich reagiert, hab ihm ein paar Sätze geagt .. und er hat zugehört. Ob meine Reaktion richtig war oder nicht, weiß ich immer noch nicht, ich habe damals nach dem gesunden Menschenverstand reagiert.
Die nächsten Tage hab ich die Zeitungen sorgfältig durchforscht nach Todesmeldungen, und keine gefunden ... was aber nicht bedeutet, dass ich es richtig gemacht hab.

Aber wir sind nun mal Menschen, wir leben miteinander ... und wenn wir in einer solchen Situation aus Angst schweigen, etwas falsch zu machen, dann ist vielleicht genau das der Grund, warum doch wieder ein Lokführer abgelöst werden muss ...

Nein, es gibt kein Universalrezept.


Aber, wenn wir über psychologische Probleme eben so sachlich diskutieren könnten wie über Grippe, oder schlimmere Infektionskrankheiten, dann würde viel von der Anst verschwinden, die uns oft lähmt ... und dem Betroffenen noch viel weniger hilft.

Es ist die gleiche Angst, die auch Ersthelfer bei Unfällen haben. Aus Angst, etwas falsch zu machen, macht man lieber gar nichts ... lässt den Bewusstlosen liegen ... und der erstickt dann an etwas Blut oder Erbrochenem ...
 
Ich finde das schon sehr überheblich wie hier gewertet wird.

SHGs haben Ihre Berechtigung sofern sie wirklich eine Gruppe nur aus Betroffenen sind die sich gegenseitig helfen zur Selbsthilfe.

Eine SHG ersetzt nicht die professionelle Hilfe wenn Sie denn nötig sein sollte.
Professionelle Hilfe ersetzt aber auch keine SHG.

Es ist gut das es sie gibt.
 
Ich finde das schon sehr überheblich wie hier gewertet wird.
Wo wird denn überheblich gewertet, Nicoletta. Irgendwie stellen die Poster hier ihre persönlichen Erfahrungen dar. Das ist doch gar nicht überheblich.

SHGs haben Ihre Berechtigung sofern sie wirklich eine Gruppe nur aus Betroffenen sind die sich gegenseitig helfen zur Selbsthilfe.
Eine SHG ersetzt nicht die professionelle Hilfe wenn Sie denn nötig sein sollte.

Genau das habe ich doch auch geschrieben.
Wo ich Einspruch erheben mag ist das "nur".
SHG dürfen durchaus auch nach draußen schauen und Helfer aufnehmen, die nicht wirklich betroffen sind. Es muss ein paar Mitglieder geben, die den Zustand "Leben ohne das Problem" kennen.

Professionelle Hilfe ersetzt aber auch keine SHG.
Das mag ich nicht unterschreiben.
Ich bin durchaus der Meinung, dass sehr oft Heilung auch ohne SHG möglich ist.

Es ist gut das es sie gibt.
Das bezweifeln ja auch nur wenige.
 
Genau das habe ich doch auch geschrieben.
Wo ich Einspruch erheben mag ist das "nur".
SHG dürfen durchaus auch nach draußen schauen und Helfer aufnehmen, die nicht wirklich betroffen sind. Es muss ein paar Mitglieder geben, die den Zustand "Leben ohne das Problem" kennen.

Ich würde einen Unterschied zwischen SHG und sowas wie den AA machen.

Das Konzept der AA-Gruppen greift nur, wenn die Mitglieder wirklich unter sich sind, wenn nur Leute da sind, die bereit sind, ihr Problem mit den anderen zusammen anzugehen. Und die sich eben auch den Regeln der AA verpflichten. Und da sind dann eben Leute dabei, die immer noch betroffen sind (da z.B. suchtkrank), aber auf gesunde Weise damit umgehen. Die können durch ihr Dasein zeigen, dass man es hinbekommen kann.
Und sage mir jetzt keiner, dass psychische Erkrankungen keine Süchte sind. Natürlich ist es da ein bisschen anders, nichtsdestotrotz gibt es mit Recht und Erfolg Emotions anonymous. Und, klar, nur damit wird man eine psychische Erkrankung wohl kaum "los".

Eine SHG ist für mich ein bisschen was anderes. Sie dient ja oft auch der Information und Unterstützung dabei, wie Danziel sagt, mit dem Problem weiterzumachen, den Mut nicht zu verlieren und Perspektiven zu gewinnen.
Diese sollten dann sogar Leute dabei haben, die neue Blickwinkel mitbringen.

Meine 0,02 €.

Hupps, ich wollte ja noch was zu dem Aspekt SL + SHG sagen.

Meine Meinung ist, dass solch eine Gruppe höchstens ein allererster Zündfunke sein kann und sollte, dann in RL die nächsten Schritte zu tun.

In Selbsthilfegruppen geht es um den ganzen Menschen und nicht das, was er in Worten ausdrücken kann.
Vielleicht kann so eine Gruppe für Menschen mit Sozialphobien erst mal ein dann auch mutiger Schritt sein.
Letzendlich ist dann aber irgendwann SL auch eine Art Sackgasse, finde ich.
 
Guten Tag,

in den Beiträgen von Danziel finde ich wirklich sehr viel, dass ich als gut, richtig, sachgerecht und fundiert ansehe.

Die kritische Meinung zu SH- Gruppen -insbesondere im Suchtbereich- und die damit verbundenen Ansichten teile ich aber ganz und gar nicht.
Richtig ist, dass nicht jede SH-Gruppe (selbst wenn sie zur selben Dachorganisation gehört) zu jedem Suchtkranken passt. Das verlängert manchmal die Suche nach der passenden- ist aber nachvollziehbar und letztlich gut. Die Gruppen sind verschieden- und die Menschen, die u.a. abhängigkeitskrank sind, sind es auch, daher.
Auf die Gefahr hin, falsch interpretiert zu werden, sage ich mal ehrlich, dass sich mir mal wieder die Nackenhaare gesträubt haben, als ich von "Verzicht" gelesen habe und dass die SH- Gruppen dann halt nur lehren mit der Krankheit und diesem Verzicht zurecht zu kommen.
So etwas kann, mit allem ehrlichen Verlaub, wirklich nur von einem selbst nicht Betroffenen kommen.
Herrn Professor Körkel zum Trotz GIBT es die Zufriedene Abstinenz- und wahrhaft sehr viele von denen, die einen echten ersten Schritt machen, erreichen sie. Ein Leben ohne das Suchtmittel, auf das man so viele Jahre nicht zu verzichten können glaubte- das ist ein erstklassiges Leben - keines "zweiter Wahl" nach den "beneidenswerten" Menschen, die gemäßigt trinken können!
Ja, ich weiß, Danziel. Das hast Du nicht explizit geschrieben. Aber bei Herrn Professor Körkel (auf den das so genannte Kontrollierte Trinken in der deutschen Schule letztlich immer zurück geht)- bei dem klingt das in jeder dritten Zeile durch. Und er hat Unrecht.
Eine weitere subjektive Rückmeldung: das Gesagte über die SH- Gruppen empfinde auch ich als nicht wertschätzend. Zumal in dem dargelegten Punkt, dass echte Hilfe nur mit Professionellen funktionieren kann - umgekehrt aber nicht. Die Praxis erweist täglich tausendfach das Gegenteil.
Ich frage mich, wann dieser Graben endlich einmal überwunden sein wird und man sich als gleichberechtigt - aber auch in der Praxis als gleich wirkmächtig anerkennen wird.
IMHO ist die via regia natürlich eine Kombination beider Elemente. So war es bei mir - so war es bei vielen, die ich kenne oder kannte.
Und ebenso kannte ich aber etliche Menschen, die nur mit Hilfe von Profis, oder nur mit Hilfe von SH- Gruppen zufrieden abstinent wurden.
Wer auf eines von beiden verzichtet- nun, das ist seine Entscheidung. Aber in aller Regel macht er es sich damit unnötig schwer.
Ich weiß, dass es für nicht Betroffene letztlich nicht nachvollziehbar ist, wie sich ein Kontrollverlust anfühlt. Und ein Gleiches gilt wohl für die notwendige "Kapitulation" (und nein: ich bin NICHT mit den AA trocken / clean geworden- aber in sehr vielem haben sie recht, auch aus meiner Sicht und Erfahrung). Und es gilt auch für die Schrecken eines Delirium Tremens, welches ich aus eigener Erfahrung auch niemandem wünschen würde. Es ist wirklich eine negative Grenzerfahrung der extremen Art, grad noch über soviel Verstand zu verfügen, dass man begreift, dass man ihn verloren hat! (Zeitweise zwischendurch.)
Und ein weiterer Begriff ist eben dieser "Nicht-Verzicht", der ein nicht nur zufriedenes, sondern auch freies Leben ermöglicht.
Hätte ich nicht seinerzeit etliche Profis und mehrere SH- Gruppen in Anspruch genommen, wäre ich schon sehr lange tot.
Und genauso sicher wäre ich schon X-mal rückfällig geworden, oder hätte mich umgebracht, wenn ich nicht irgendwann kapituliert hätte und wenn es danach eben KEIN Verzicht / Kampf / Versuchung, etc. pp. mehr gewesen wäre.
Mit Sucht kann ich nicht kämpfen und nicht spielen- ich werde IMMER verlieren. Früher oder später. Von daher ist auch die so genannte Willenskraft keine Hilfe. (Suchtkranke sind im Mittel keineswegs deutlich willensschwächer als andere Menschen.)
Wenn ich verstanden habe, dass die Sucht "größer ist als ich "- dann kann ich mich entscheiden: Leben oder Sterben.
Nicht wenige entscheiden sich fürs Sterben.

Was ich hier schreibe gilt für Suchtkranke, für Menschen mit Kontrollverlust. Es gibt Andere, die "nur" längere Zeit Mißbrauch getrieben haben.
Ihnen kann Prof. Körkel sicherlich helfen. Unbenommen.
Sorry, da war jetzt vieles so halb off topic- ich höre auch jetzt auf.
Wer sich näher interessiert- gern mal hier schauen, auf meiner site:
http://www.arslongavitabrevis.de/

Nichts für ungut, ist alles nicht böse gemeint!

Es ist und bleibt ein heikles Thema- aber das gemeinsame Ziel sollte bleiben, für jeden Menschen der dies wünscht, die individuell bestmögliche Hilfe zur Selbsthilfe zu finden und anzubieten.

MfG
BukTom Bloch
 
Das ist es, was ich an deinen Antworten mag, BukTom: du hast eine andere Meinung, und du trägst sie auf eine Weise vor, die nicht aggressiv gegen mich ist, es fehlt jede Anklage, jedes persönliche Urteil, du sagst sogar, dass du mit vielem übereinstimmst ... und vor allem: du belegst mit nachvollziehbaren und persönlichen Erfahrungen.
Und genau das macht deine Antwort kompetent, ehrlich und vor allem sachlich.

Das ganze ist ein Thema, über das wir beiden sicher Bücher füllen könnten und es wäre immer noch nicht ausdiskutiert ... und wir würden wieder mal gesagt bekommen, dass unsere Texte viiiiiiiiiiiel zu lang seien.

Eigentlich liegen wir beide gar nicht so sehr auseinander, meine Darstellungen bezogen sich auf vorher Geschriebenes.

Menschen sind unterschiedlich und ihre Erkrankungen, Störungen, Probleme sind unterschiedlich.

Wichtig war mir, davon abzugehen, immer nur die schlimmsten Fälle als Beispiele für psychologische Störungen in die Diskussion zu bringen. Leider ist dein Beispiel so ein ernster Fall, passt daher nicht so ganz zum Ziel meier Posts.

Ich sage einfach: es gibt viele Levels von Störungen, und die meisten werden einfach im normalen Umgang miteinander gelöst, geregelt, geheilt.
Eine Umarmung, ein Trost, ein Bier miteinander, oder ein gutes Essen, ein paar Stunden Fürsorge und Dasein, vielleicht auch mal ein Schimpfen oder ein Miteinanderlachen ... und viele Dinge sind gelöst.
Lange bevor ich über Selbsthilfegruppen nachdenke, sehe ich im Miteinander von Gruppen, vor allem sich liebenden Gruppen wie Familien, Freundschaften und Partnerschaften ein enormes Vermögen, die kleinen Dinge zu lösen, bevor sie ernst werden.

Erst dann kommt für mich die Selbsthilfegruppe, egal ob organisiert, unter einem größeren Dach, oder spontan zusammengefunden.
Das fängt auch wieder ganz klein an. Die Rituale, die wir rund um den Verlust eines lieben Menschen pflegen als Beispiel, sie geben uns Gelegenheit, mit der Trauer fertig zu werden, getröstet zu werden, das Leben des Lieben zu würdigen, Trost zu spenden und anzunehmen, die Emotion auch frei zu setzen ... und dann kommen die Lebenden anschließend zusammen, in der Regel zu einem Imbiss, einem Kaffeetrinken ... sie kümmern sich weiter ums Leben, nachdem sie ein Ritual der Trauerbewältigung miteinander erlebt haben.
Ja, wir Menschen können uns in Gruppen, die sich nahe kommen, Geben und Nehmen, sehr viel helfen, selbst helfen.

Und genau das passiert in Selbsthilfegruppen. Man wird aufgefangen, man ist nicht alleine, man bekommt Hilfe, Tipps, Unterstützung, Ideen ... und gibt auch seinerseits wieder.

Auch das bringt in vielen vielen Fällen "Heilung". Klar, es ist ein Unterschied, der von Professoren und Doktoren immer wieder diskutiert wird, ob es eine Heilung ist, wenn man MIT dem Problem weiterleben kann und es lässig kontrollieren kann oder "Heilung" wirklich nur dann da ist, wenn das Problem komplett aus der Welt ist.
Beides ist für mich Heilung, beides bringt Menschen dazu, ein Leben zu führen, das ihren Wünschen, Vorstellungen und Zielen entspricht.

Auch ich hab ja, auf anderer Ebene, so ein Problem(chen), mit dem ich lebe, ohne es wirklich zu heilen. Einmal eine Bronchitis nicht wirklich sorgfältig auskuriert, bekomm ich jetzt jedes Jahr eine. Die Ärztin weigert sich, das chronisch zu nennen, aber ich kann die zwei Wochen Ausfall jedes Jahr fast termingenau einplanen.
Ich kann damit leben, habe gelernt, den Verlauf nach den ersten Anzeigen viel harmloser zu machen, kann das kontrollieren ... und die Alternativen wären sicher in Methoden zu suchen, die wesentlich unangenehmer wären, ich hab mich da noch nicht mal informiert.

Ja, auch ich sehe, dass Eigenhilfe und auch Selbsthilfegruppen eine Unmenge von Fällen lösen ... heilen ... können.

Mir war eben nur diese Ausschließlichkeit nicht recht: "keiner kann ohne SHG auskommen, aber man kann ganz gut ohne Therapeuten auskommen."

Ich denke, es geht beides. Viele Fälle können von einer SHG geheilt werden, viele Fälle brauchen, oft ohne SHG, einfach ein paar Sitzungen bei einem Therapeuten.
Und du hast ja auch von Profis gesprochen in den dir bekannten SHG. Das Dumme ist, die deutschen Gesetze verbieten den Begriff Therapeut für Menschen, die einfach nur in der Lage sind - zum Beispiel durch jahrelange Arbeit in SHG - professionell zu helfen. Für mich sind alle Menschen, die anderen auf sichere und respektierende Art Alternativen aufzeigen können und sie dazu bringen können, die auszuprobieren, professionelle Helfer.

Dein eigener Weg .. ja es ist einer von denen, die ich eigentlich vermeiden wollte, nur knapp am Tod vorbei ... meine Meinung ist ja, wir sollten nicht immer die schlimmen Fälle bereden, wenn es um das soziale und psychologische Miteinander geht, damit man auch auf der "kleinen" Ebene sich gegenseitig helfen und fördern kann ...

Aber was ich aus deinem Fall deutlich sehe, weil du ihn ja schon öfter dargestellt hast: du hattest Menschen, Profis und nicht so Professionelle, Einzelne und Gruppen, Therapeuten und Nichttherapeuten ... und alle zusammen haben eigentlich nur eines gefördert: dich und deine Stärke.

Wer einen Weg gehen kann wie du, braucht dazu Unmengen von Mut, Stärke, Kraft. Die hattest du, und darum war dein Weg erfolgreich.
Und das ist es, was uns sowohl Selbsthilfegruppen wie auch Therapeuten geben können: die Kraft, den Mut, die Stärke, unseren Weg zurück ins Leben zu finden und dann auch zu gehen.

Überleben tun die Starken. Und unsere Mitmenschen um uns herum können, als Profis, als Gruppe, als Selbshilfegruppe, als liebender Partner, und dabei unterstützen, diese Kraft und Stärke in uns zu finden und zu entwickeln.
 
Wenn eine Gruppe professionell angeleitet wird, dann ist es keine SHG mehr (siehe Wiki)

Was ist denn eine Störung?


Die Wikipedia (dt.) spricht recht allgemein dann von einer Selbsthilfegruppe, wenn diese selbstorganisiert ist. Selbstorganisiert bedeutet aber eben nur so viel, dass die Gruppe sich selbst verwaltet und organisiert und eben nicht etwa von einem Guru oder einem Klinikarzt im Rahmen seiner Therapie geleitet wird. "Selbstorganisiert" schließt die Anwesenheit eines Moderators/Coaches so nicht aus.

Es gibt auch in der Tat durchaus auch Selbsthilfegruppen, die einen Profi (sprich: Psychiater/Psychologen/Sozialpädagoge) als Coach bzw. Moderator haben, gerade wenn es sich um psychische Störungen oder Erkrankungen dreht. Einfach weil das nicht immer ohne geht. Zum Beispiel weil die Leute durch ihre Störung/Erkrankung die Realität hin und wieder massiv verpeilen. Oder weil sich durch die Art der Erkrankung in einer unmoderierten Gruppe exrtreme Dynamiken einstellen können (Das Beispiel Boderline und Triggern durch andere Mitglieder hab ich schon genannt).
Da muss dann ein Moderator/Coach dann eingreifen und bremsen bevor z.B. ein Gespräch zu extrem wird.

Und aus eigener Erfahrung:
Wenn du als Betroffener in einer AD(H)S Selbsthilfegruppe sitzt, dann ist es z.B. leider hin und wieder mal so, dass die Gespräche der Leute ziemlich abdriften. Weil da erzählt wer wie er damit umgeht, dass er sich kaum auf was langweiliges konzentrieren kann und welche Strategie da hilft bei ihm und plötzlich ruft wer "HEY Schaut mal.. da draussen! Ein Eichhörnchen". Und 75% der Gruppe kümmert sich erst mal eine ganze Weile nur noch ums Eichhörnchen. Eine Gruppe mit 6+ ADSlern kannst du ohne Moderator einfach kaum durch den Abend bringen. D.h. da brauchts meistens wer, der da bisschen Struktur reinbringt.

Die Aufgabe des Coaches (oder meinetwegen auch "Leiters") ist es dabei nicht, die Gruppe als ganzes "anzuführen", es gibt in diesen Selbsthilfegruppen eben keine Gruppenhierarchien. Und der Coach/Moderator ist auch nicht der Chef und der Häuptling der Gruppe. Sein Job ist es einfach im Notfall die Leute bisschen zu bremsen und zu beruhigen, etwas Struktur rein zu bringen und mit seinem Fachwissen beizutragen, sollte das notwendig sein.

Und durch einen Profi moderierte/gecoachte Selbsthilfegruppen haben noch den Vorteil, dass sie weniger anfällig sind für Esoterikmist und Tips zu irgendwelchen tollen Gurus, einfach weil der Coach so etwas auch mal kritisch hinterfragt (und oft schon weiß, was dahinter steckt) während die Betroffenen (oder deren angehörige) oft nur das "das hat bei mir jedenfalls doll geholfen" wahrnehmen. Aber das ist noch mal ein anderes Thema.


PS: Falls du das noch nicht auf Wikipedia nachgeschlagen hast: Eine (psychische) Störung ist dabei ein vom üblichen ("Norm") wesentliches Abweichen in Bezug auf Verhalten, Wahrnehmung, Denken usw., unter dem die Betreffenden (oder auch ihre Mitmenschen) leiden.
 
Nicht für alles ist eine Selbsthilfegruppe geeignet. Ich denke das hast Du ganz deutlich gemacht.

Die Gruppen mit einer professionellen Leitung, Begleitung sind Therapiegruppen und haben einen ganz anderen Anspruch.

Danke Shirley für Die Darstellung einer psychischen Störung. ich dachte schon beim lesen dieses Threads ich hätte da was verpasst. ;)
 
Ich sehe die SHG's unkritischer. Gerade die unterschwelligen Angebote ermutigen bzw. stabilisieren. Außerhalb einer Therapieeinrichtung kenne ich keine Gruppe, die noch vollständig Erkrankte aufnimmt. Zum Eigenschutz wird der 2,67 Promille Alkoholisierte nicht dort eine Stunde sitzen dürfen und seine Sorgen von der Seele lallen. Sofern er es will, wird er sofort in eine Klinik zur Entgiftung gefahren und das Wissen haben, dass die Tür für ihn jederzeit offen steht. Anders sieht es mit einer ambulanten Beratungsstellen aus, die oftmals keine Therapien aus Mangel an Fachkräften anbieten können. Jederzeit der "Erkrankte" aber Zutritt und Hilfe findet. In meiner Stadt habe ich in 3 ambulanten Einrichtungen nur eine Suchttherapeutin, die sich im Laufe der Jahre dazu qualifizierte. Beruflich habe ich nicht die Möglichkeit, die Klienten zu sortieren. Die Gruppe kann sich allerdings sehr gut steuern. Es bedarf nur Zeit und Vertrauen. Die Akzeptanz ist untereinander sehr groß. Der zappelnde ADHS/ Borderliner bringt uns nicht von Gesprächen ab. Genauso wie der Depressive, der sich nicht beteiligt und schwermütig im Stuhl versunken ist. Wenn keiner was sagt, dann warten wir eben bis der erste die Nadel fallen lässt und greifen es dann auf. Es gibt keine Nicht- Kommunikation und ich nutze gerne das Schweigen aus. Vielleicht funktioniert es, weil unterschiedliche Störungen vorliegen und sie wissen, es ist nur einmal in der Woche, eine Stunde. Wir lernen oftmals voneinander und sicher ist es im RL einfacher, durch das Einsetzen von Arbeitsmitteln, die ich nicht in SL zur Verfügung habe. Aus Traumas entsteht Sucht und aus Sucht entstehen Traumas. Ich bin froh, dass ich nach langer Suche eine Klinik gefunden haben, die in erster Linie dieses aufarbeitet. Die rechtliche Anerkennung nach ICD ist schwer und ich bin dankbar für solche Einrichtungen.
Ich stehe ganz am Anfang des Hilfesysthemes. Neben Einzelgesprächen und der Motivationsgruppe, steht vorallem die Vermittlung in die richtigen Einrichtung an erster Stelle. Ich habe öfters forensische Gutachten vorliegen, die es erleichtern. Dazu habe ich keinen einzigen Klienten ohne eine psychische Störung. Ich denke daran scheitern die meisten Entwöhnungsbehandlungen. Da nicht ausreichend darauf eingegangen wird.
In meinen Sozialberichten rate ich oft, die psychotherapeutische Betreuung im Anschluss an. Abhängigkeitserkrankte unterscheiden sich nicht wesentlich von rein psychisch Gestörten. Warum fängt ein Arzt an zu trinken? Ein Polizist, ein Geschiedener usw. Warum konsumiert eine Mutter Cannabis, vor dem Bild ihres toten Sohnes im Sarg? Weshalb bekommt der größte Teil der Bevölkerung ihr Leben vorbildlich hin, trotz gleicher Erfahrungen? Vielleicht weil sie sich besser steuern können? Wo findet es statt?

Ich selbst habe einen 13-jährigen Sohn, mit einer diagnostiziertem ADHS - Depression Störung und einem IQ von 120. Die Psychologin brachte nichts, die 6 Monate Tagesklinik + Straterra ebenfalls nicht. Mein Liebe zu ihm, reicht nicht aus, in ihn einzudringen. Allerdings ist er wie Buk kreativ. Er bekam ein Schlagzeug und Unmengen an Leinwänden. Ich kann mittlerweile eine Ausstellung machen und das erste Schulkonzert steht an. Noten gehen weiterhin von 1 - 6. Er ist sprachtalentiert und erfährt im deutschen Schulsystem diesbezüglich keine Förderung. Es hat 2 Jahre gedauert rauszufinden, was jetzt im Moment gut tut. Aus ADHS wurde HDS und aus Straterra, Johannisskrauttabletten die die Stimmung aufhellen. Das Einsetzen der Wirkung dauert länger und bedarf trotzdem ein Rezept wegen der Höherdosierung. Er zerschlägt übrigens keine Möbel oder quält seine Geschwister. Zu Hause war er immer in sich gekehrt.

Jede Erkrankung sollte individuell betrachtet werden. Man kann Menschen sehr schnell übertherapieren. Es ist ein Denkfehler, dass gleiche Erkrankungen sich immer gegenseitig behindern. Es ist wichtig, das es unterschwellige Hilfsangebote vorhanden sind. Ich war persönlich als Mutter gelähmt und brauchte zum Anfang die Gespräche. Nicht mein Sohn, ich musste begreifen das ich ihm nicht den Spass am lernen nehmen darf, in dem ich immer wieder Druck ausübte. Angehörige befinden sich oft in Co- Abhängigkeiten und sind weniger von Vorteil. Es hilft nicht auf den Depressiven einzugehen. Meine Erfahrung ist die Anti- Reaktion und die sogenannten "Arschtritte". Das war ein langanhaltender Lernprozess, auf beiden Seiten. Mir taten manche Sätze besser gut, als das informative Gespräch über die Gehirnströme meines Kindes. Ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch dem Bild der Schule gerecht zu werden. Bis mir eine Lehrerin sagte, Pädagoge ist kein Beruf, dass ist eine Diagnose. Genau diese haben wir jetzt und es ist gut sich ab und an darauf auszuruhen, dass Schild hoch zu halten "ICH BIN KRANK" und damit keinen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Manchmal erwische ich mich die Kommunikationsstörungen in den Threads zu analysieren und im nächsten Atemzuge hat Danziel schon die Therapiesitzung eröffnet.

Entschuldigt das ich nicht Wiki und Körkel zitiere, sondern rein aus persönlichen Erfahrungen hier poste. Die Wissenschaft steckt im Bücherregal auf Arbeit, ich beschäftige mich lieber mit den Menschen an sich. Ja Borderliner sind schwierig und ja, meiner einer ist ein hoffnungsloser Fall aber er bereichert uns trotzdem wöchentlich.

Dann kommt mir wieder in den Sinn, dass ich nur eine Gruppe zur persönlichen Psychohygiene vermeide - Narzismus = Sadismus :) Buk seine Liste dürfte länger sein und es ist gut so, wie du es machst.

SHG's kommen nach einer ambulanten, stationären Therapie. Ja sie kommen dann ohne Fachhilfe aus. Ja sie sind konsequenter im Umgang mit Fehlverhalten, wie ein Bezugstherapeut. SL ist oft unbewusste Therapie für den ein oder anderen. Es sollte nicht gleich eine Gruppe sein, aber eine Einzelner daraus ist sicher mehr hilfreich als gefährlich.

Es gibt kein Modell das einzigst richtig ist. Siegmund hat nicht immer ausschließlich recht und Eltern sind oft, aber nicht immer schuld. Buk hat seinen Weg gefunden, mein Sohn aktuell auch, meine Klienten sind auf der ständigen Suche mit mir und ich schimpfe einmal wöchentlich, weil sie immer meine gezogenen Linien übertreten. Manche kommen niemals an, andere erreichen die Kliniken übermotiviert. Wo ich Wette die sind innerhalb einer Stunde zu hause. Es ist alles, nur nicht nach Wiki immer erklärbar.

Mein Kollegin die mehr als 20 Jahre Suchttherapeutin ist, sagt: "Mach du kannst nichts kaputt machen!" und ich habe es bisher auch nicht geschafft.

Seid bleibt Menschen mit Einfühlungsvermögen, dann wird alles gut.

LG Aman
 

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