Also, wenn man mal so die Rahmenbedingungen anschaut, unter denen Frauen im Krieg leben müssen:
»Weg mit den Kapuzen, herunter mit den Schleiern,
ihr Frauen!« lachte der Kutscher.
Die Frauen, die sich hinter dem Fuhrwerk drängelten
– viele streckten die Hände aus, und die Ärmel der
Gewänder rutschten zurück –, schrien bestürzt auf.
»Wenn ihr was zu essen haben wollt!« fügte er hinzu.
Die Frauen waren vermutlich Neuankömmlinge, die
einen langen Marsch hinter sich hatten. Sie kamen aus
Dörfern, durch die das cosische Heer gezogen war, aus
einem Umkreis von vielleicht fünfzig Pasang, das übliche
Einzugsgebiet für berittene Soldaten mit dem Auftrag,
alles zu requirieren, was von Nutzen war. Die
meisten der dem Wagenzug folgenden Frauen, die ich
bis jetzt gesehen hatte, hatten mittlerweile gelernt, sich
den Fuhrwerken mit entblößtem Haupt zu nähern, als
Bittstellerinnen. Sie bemühten sich, den Männern zu
gefallen, die möglicherweise dazu bewegt werden
konnten, ihnen etwas zu essen zu geben, indem sie mit
gelöstem und deutlich sichtbarem Haar ankamen – wie
Sklavinnen. Viele hatten die Schleier bereits weggeworfen
oder verborgen; das galt auch für die Zeit, da sie
nicht bettelten. Sie trugen sie nicht einmal mehr in
ihren winzigen stinkenden Lagern, die sie in unmittelbarer
Nähe der Wagen aufschlugen und die manchmal
nicht einmal über ein Feuer verfügten, Lager, denen die
Männer manches Mal einen Besuch abstatteten. Sie hatten
entdeckt, daß eine Frau, die man mit Schleier antrifft
– selbst wenn sie ihn gesenkt und sich damit auf
solch bedauernswerte Weise selbst entblößt hat –, bedeutend
weniger Aussichten hat, etwas zu essen zu bekommen,
als eine Frau ohne Schleier. Ebenso, wie sie
rasch gelernt hatten, daß die Kutscher ihr Vergnügen
wesentlich seltener bei den Verschleierten suchten. Die
Männer auf den Wagen gestanden den Frauen die mit
dem Schleier verbundene Würde nicht zu. Und damit
behandelten sie sie natürlich wie Sklavinnen.
(...)
Sie drehten sich um, liefen zu der Stelle und
warfen sich in den Staub, wo sie auf Händen und
Füßen kriechend lautstark um das Brot kämpften.
Der Kutscher sah ihnen eine Zeitlang belustigt
zu. Dann wandte er sich ab, stieg über die Säcke auf
der Ladefläche und begab sich zum Wagenkasten. Dieser
Kasten dient gleichzeitig als Kutschbock und Stauraum,
in dem für gewöhnlich Ersatzteile, Werkzeuge
und persönliche Besitztümer untergebracht sind. Normalerweise
ist er verschlossen. Er hob den als Sitz dienenden
Deckel, warf den leeren Sack hinein und
klappte ihn wieder zu. Dann ergriff er eine Tharlarionpeitsche,
die in Nähe der Fußbank steckte. Anscheinend
hatte er mit den Bettlerinnen seine Erfahrungen.
»Schluß!« sagte er ärgerlich. »Es gibt nichts mehr.«
Die Frauen kamen wieder heran, verzweifelt, mitleiderregend,
die Gewänder schmutzig und zerknittert
vom Kriechen im Staub, wo sie um jeden Krümel
gekämpft hatten. Die Peitsche knallte über ihren Köpfen.
Sie wichen zurück.
»Mehr!« riefen sie. »Bitte!«
»Es ist nichts mehr da«, sagte der Kutscher. »Alles ist
weg! Verschwindet, ihr Schlampen!«
(...)
Ein paar von ihnen kamen noch näher an den Wagen
heran. Die Peitsche fuhr zwischen sie, und sie schrien
schmerzerfüllt auf und wichen zurück.
»Morgen werdet ihr gar nichts bekommen!« brüllte
der Mann wütend.
»Nein! Bitte!«
»Kniet euch hin!« verlangte er. Sie ließen sich auf die
Knie fallen. »Köpfe in den Staub!« befahl er. Sie ge-
horchten. Meiner Meinung nach war es nicht richtig,
freien Frauen auf diese Art zu befehlen. So wurden nur
Sklavinnen herumkommandiert.
»Ihr dürft die Köpfe wieder heben«, sagte er. »Bereut
ihr euer Handeln?«
»Ja«, stöhnten einige der Frauen.
»Seid ihr bereit, mich um Verzeihung zu bitten?«
»Ja, ja!«
»Nun«, sagte er scheinbar besänftigt, »wir werden
sehen.«