Atrista stampfte wütend zurück ins Sanctum. Gerade war der Schatten wieder aufgetaucht und wollte die Königin vor sich auf die Knie zwingen. Nur das tapfere Einschreiten aller Amazonen und der Schamanin war es zu verdanken, dass sie diese Schmach nicht hatte ansehen müssen.
Eine Amazone, noch dazu die König auf den Knien vor einem größenwahnsinnigen aus der Unterwelt. Unvorstellbar dieser Gedanke.
Kamaria war aufgetaucht und hatte dem Schatten Einhalt geboten.
Atrista grübelte über die Rolle dieser Schattenfrau. Mit ihrer Hilfe hatten die Amazonen wichtige Erkenntnisse aus der Welt der Schatten erlangt und soeben hatte sie gezeigt, dass sie den Amazonen nicht feindlich gesinnt war. „Aber warum tun sich die Schatten nicht zusammen gegen den Einen, warum können Schatten nicht Schatten bekämpfen?“, murmelte sie vor sich hin.
Jadzia die Leibwächterin der Arbitra und Kriegsherrin hatte Mühe Schritt zu halten. Atrista wanderte im Sanctum auf und ab und irgendwann hatte Jadzia die Erkenntnis einfach in der Mitte des Sanctums stehen zu bleiben um so die Hoheit ständig im Auge zu behalten.
„Darf ich fragen, was die Arbitra so beschäftigt?“ Jadzia stellte die Frage als Atrista gerade mal wieder an ihr vorbeirauschen wollte.
Atrista blieb abrupt stehen, so als wäre sie gegen eine Wand gelaufen, ballte eine Faust und fuchtelte damit vor Jadzias Gesicht herum.
Die Leibwächterin drehte vorsichtshalber mal den Kopf zur Seite.
„Ich habe diese Demütigungen satt, ich will diese Bestie im Staub sehen“, zischte sie und fuchtelte weiter mit der Faust herum, „unsere König geht auf Geistreisen, und die Krieger planen und planen. Seit Tagen haben die den Auftrag mir eine Kampfstrategie vorzulegen, muss ich das auch noch selbst erledigen?“
„Aber …“, Jadzia machte einen Versuch die Arbitra zu beruhigen, „es ist doch erst 5 Tage her seit sie den Kriegszustand ausgerufen haben und die Krieger wollen auch keinen Fehler machen“. Als Jadzia in das völlig entgeisterte Gesicht der Arbitra schaute fasste sie sich ein Herz und legte nach: „…und ich habe das Gefühl, dass die Hoheit dem Volk und den Kriegern nicht alles erzählt hat was sie weiß.“
Atrista`s Gesicht erstarrte zu einer Maske und langsam erhob sie ihren rechten Zeigefinger und zeigte damit drohend auf ihre Leibwächterin.
„Was meinst du damit? Was willst du mir damit sagen?“ Leise und be-drohlich klang diese Stimme in Jadzia`s Ohr und ihr wurde ganz mulmig zumute. So kannte sie die Hoheit nicht. Lediglich von den Erzählungen der älteren Amazonen wusste sie, dass die Arbitra in diesem Zustand gefährlich sein soll und es sollen da auch schon mal Köpfe gerollt sein. Jadzia fing an zu schwitzen und am liebsten würde sie sich jetzt in einem Loch verstecken. Hatte sie sich mehr herausgenommen als es ihr als Leibwächterin zustand? Sie konnte es sich auch nicht erklären aber diese Worte waren ihr einfach so herausgerutscht.
„Was weißt du?“ Die Worte trafen Jadzia wie Ohrfeigen und der Zeigefinger schien sich in ihr Herz zu bohren.
„Was weißt du?“ zischte Atrista gefährlich leise.
Jadzia wusste gar nicht woher sie den Mut hatte darauf eine Antwort zu geben. „Ich weiß gar nichts, ich habe nichts gesagt, ich bin nur da um euer Leben zu schützen“, und als sie merkte, dass sie die Arbitra damit nicht überzeugen konnte fügte sie hinzu, „es war nur ein Gefühl. Wir sind alle verunsichert und wundern uns woher sie die Sicherheit nehmen und so zuversichtlich sind, dass wir den Kampf gegen den Schatten gewinnen. Mein Gefühl sagt mir und wohl auch weil ich volles Vertrauen in euch habe, dass diese Zuversicht einen Grund haben muss.“
Atrista ließ langsam den drohenden Finger sinken und schaute ihre Leibwächterin versöhnlich an. „Ich mag Amazonen die die Balance zwischen ihren Emotionen und ihrer Ratio gefunden haben, das sind denkende und gute Amazonen.“
Jadzia ließ erleichtert und hörbar die angehaltene Luft aus ihren Lungen. Jetzt schaffte sie es auch dem Blick der Hoheit stand zu halten.
„Wir werden gewinnen, weil sich die Geschichte wiederholt“, die scheinbar endlose Stille wurde durch die leisen Worte der Hoheit unterbrochen. Alles wiederholt sich, der ganze Kosmos ist ein Kreislauf. Und unsere Königin hat mit der Verbindung mit Kamaria etwas geschafft was noch keinem Wesen vorher gelungen war. Wir wissen jetzt, dass die Schatten uns nicht böse gesinnt sind, im Gegenteil, die Schatten sind ehrwürdige Tote, unsere verblichenen Heldinnen sind in diesen Schatten vereint. Und nur dieser eine“, Atrista ballte wieder die Faust, „nur dieser eine größenwahnsinnige Popanz tanzt da aus der Reihe und wird gefährlich, gefährlich für alle existierenden Welten. Und schon die Sagen längst untergegangener Völker berichten davon, dass immer wieder einer aus der Unterwelt besiegt wurde weil er das kosmische Gefüge stören wollte. Deswegen bin ich mir so sicher, weil wir die Wiederholung der Geschichte sind.“
Als Atrista merkte wie ungläubig Jadzia sie anstarrte legte sie einen Arm um sie und sagte: „du sollst eine der Wenigen sein die etwas mehr wissen dürfen.“
„Kennst du die Geschichte der verschwundenen Matrona?“
Jadzia schüttelte den Kopf.
„Sagen dir die Worte Teiwaz und Haljo etwas?“
Als Jadzia abermals den Kopf schüttelte für die Arbitra fort:
„Es ist jetzt schon einige Winter her, da ist hier eine Matrona ver-schwunden. Niemand der Amazonen konnte sich erklären warum und wohin und es wurde lange getrauert. Tatsächlich aber wurde sie von der Königin und mir mit einem gefährlichen Auftrag betraut. Wir hatten auf unseren Reisen eine neue und sehr gefährliche Welt entdeckt. Auf dieser Welt so scheint es gibt es einen Zugang zur der Unterwelt, der Haljo. Diese Matrona hat von uns den Auftrag sich auf dieser Welt anzu-siedeln und für uns die Unterwelt zu erkundigen. Wir haben den Auftrag nach dem germanischen Kriegsgott Teiwaz benannt. Die Mission musste geheim bleiben weil diese Nachrichten wohl eine Panik ausgelöst hätte oder dumme Helden hätten sich auf den Weg zu dieser Welt gemacht und hätten dann das Leben unserer Schwester dort noch gefährlicher gemacht als es ohnehin schon ist.“
„Wir haben eine Schwester, die wir alle für tot halten und die für uns ihr Leben riskiert?“ Jadzia keuchte die Worte ungläubig hervor.
Atrista nickte mit dem Kopf. „Ja, psssst …, und wenn dir an ihrem Leben etwas liegt dann bleibt sie auch tot, jedenfalls vorläufig noch.“
Atrista wartete kurz bis sich das Erstaunen etwas gelegt hatte.
„Von ihr wissen wir, dass die Schatten immer auf der Seite der Menschen waren wenn sie von der Unterwelt bedroht wurden. Insofern war die Reise der Königin in den Geist der Schattenfrau wichtig. Wir haben einen Beweis dafür. Wir wissen auch, dass die Haljo von Hel regiert wird. Hel ist die Totengöttin und ist die Tochter von Loki dem Feuerbringer und der Riesin Angrboda, die Kummerbereiterin. Man weiß noch nicht genau ob sie wirklich Göttin oder ob sie eine Riesin ist. Ihre Haut ist zur einer Hälfte von normaler Farbe, zur anderen blau-schwarz, was bedeutet, dass sie halb tot und halb lebendig ist. Zusammen mit ihren beiden Geschwistern, dem Fenriswolf und der Midgardschlange, wurde sie von den Asen nach Asgard gebracht, da die Götter sich vor den Kindern Lokis fürchteten. Während der Fenriswolf an die Kette Gleipnir gebunden und die Midgardschlange von Odin ins Meer geworfen wurde, verbannte man Hel aus Asgard, woraufhin sie nach Norden ging, wo sie ihr eigenes Reich gründete. Dort holt sie all diejenigen zu sich, die eines natürlichen Todes sterben, während die im Kampf gestorbenen nach Walhall an Odins Tafel gelangen. Es gibt also noch viele andere Reiche in dieser Unterwelt dort die es zu erforschen gilt“
Atrista machte eine bedeutungsvolle Pause und fügte dann hinzu: „Das ist das was wir bisher wissen. Wir wissen nicht warum und wieso Thor zu einem bösen Schatten wurde, ob er in dieser Haljo etwas entdeckt hat oder ob er ausgestoßen wurde wir wissen es nicht. Kamaria die Schattenfrau hat uns den Weg aufgezeigt wie wir ihn unschädlich machen können. Jetzt will ich endlich einen Plan haben, eine Strategie“