Überfall
Die Alarmstangen schallen! Aufgeregte Stimmen…überall in der Stadt.
Gar con Lydius – wie immer bei der Arbeit an seinem Schreibtisch – springt auf, eilt zur Tür seines Hauses, reißt sie auf.
Dort! Aufruhr am Tor zum Laurius und zum Wald. Ein Rarius stürmt herbei … Tharkan.
„Gar! Administrator! Alarm!“ raunt er ihm zu „Der Wald ist voller Nordleute! Der Krieg beginnt!“
Fassungslos sieht der Administrator zu dem erfahrenen Krieger. Wachen laufen über die Straßen zur Mauer, die Tore werden eilig geschlossen, verrammelt. „Lass uns auf die Mauern gehen und sehen, was sich am Laurius tut“ sagt der Rarius und macht sich sofort auf den Weg, während Gar noch eilig passendere Kleidung anlegt und nach seinem Bogen greift, um ihm dann zu folgen.
Gemeinsam gehen sie über die Mauerkrone, klettern schließlich auf den höchsten Turm, nur um nichts zu sehen, außer das grüne Dach des Waldes hinter dem Laurius, die Blätter, die sanft im Wind rascheln – oder kurz gesagt, sie sehen gar nichts!
Angespannt werden die Wachen mit leisen Befehlen neu postiert, während sich besorgte Bürger vor der Mauer versammeln und teilweise mit harschen Worten daran gehindert werden müssen, selber heraufzusteigen.
„Dort! – Endlich tut sich was!“ Tharkan deutet auf eine Stelle am jenseitigen Lauriusufer in der Nähe der Brücke. Eine Frau rennt aus dem Schatten des Waldes auf die Tore zu. Eine Sklavin. Die Soldaten am Tor durchsuchen sie kurz, holen sie in die Stadt und wenig später kniet sie im Torhaus, zu Füßen des Administrators und des Kriegers.
„Herr! Ihr müsst Hilfe schicken. Mein Herr, Magnus der draußen im Walde lebt, ist schwer verletzt. Bitte Ihr Herren! Kommt und helft ihm, bevor er verblutet… Die Angreifer haben ihn so zurückgelassen, bevor sie weggesegelt sind.“
Inzwischen hat sich auch der Wissende zu den beiden im Torhaus gesellt, hört schweigend zu. „Niemand verlässt die Stadt und geht in den Wald, bevor wir nicht sicher sind, daß die Angreifer weg sind!“ sagt Tharkan bestimmt und der Administrator nickt nur zu den klaren Worten. „Wir brauchen einen Aufklärer, Tharkan!“ meint Gar darauf „Du als Krieger, kannst Du einen Tarn reiten?“
Tharkan winkt sofort ab: „Nee nee, ich näher mich den Viechern nicht auf 20 Schritt! Such ruhig einen Tarnreiter, aber laß mich dabei aus dem Spiel!“ Gar will schon enttäuscht aufgeben, als der Wissende sich überraschend zu Wort meldet: „Ich kann das machen!“
Ruckartig sehen Gar und Tharkan – ebenso wie die Sklavin – zu ihm und wie aus einem Mund fragen sie:
„Ihr???“
Leicht schmunzelnd führt der Wissende aus, belehrt die beiden: „Ja! Wie ihr sicher wisst, wird man in die Kaste der Eingeweihten nicht geboren, sondern im Laufe seines Lebens berufen. Nunja, in der Zeit vor meiner Berufung habe ich gelernt einen Tarn zu fliegen. Und wenn ich richtig gesehen habe, gibt es jenseits des Hafens, auf dem Riff, eine Tarnstation.“
Gar und Tharkan sehen sich kurz an, bis Tharkan nickt: „Nun gut. Ich bringe Dich zum Hafentor! Dann bist Du auf Dich gestellt, Eingeweihter!“
Während die beiden sich aufmachen, nutzt Gar die Zeit, um die aufgeregten Bewohner zu beruhigen, die sich ganz in der Nähe des Tores vor seinem Haus versammelt haben. Auch seien Sklavinnen – Vanya und Alena – knien vor dem Haus, sehen ihn ängstlich an. Kurz erklärt der Administrator den Freien die Lage, soweit er sie selber begriffen hat. Dann winkt er seine En heran: „Geh ins Haus! Dort im Schreibtisch ist ein Glas der Hausbauer! Hol es und komm mit zum Torhaus am Hafen. Dort findet ihr mich!“ Demütig neigt Vanya den Kopf und antwortet noch: „Ja, mein Herr.“, während Gar sich schon wieder auf den Weg gemacht hat … über die Mauer zum Hafentor.
Angestrengt blickt er über den Hafen, die Thassa hin zu den Ruinen und die neue Tarnstation auf dem Riff. Schließlich kommen die Mädchen, Vanya reicht ihm das Glas der Hausbauer und nun sieht er ihn … der Wissende hat die Station erreicht, versucht den Tarn zu bändigen. Blut läuft über sein Gesicht, der riesige rote Vogel wehrt sich nach Kräften.
Da! Er hat es geschafft, der Tarn schwingt sich in die Luft, der Wissende auf seinem Rücken. Voller Begeisterung über das prachtvolle Tier folgt Gar dem Flug so lange es geht, bis der Vogel und sein Reiter über dem Wald verschwinden..
„Nun müssen wir warten.“ Spricht er sanft zu seinen beiden Mädchen, streichelt ihnen über das Haar. „Gehen wir zurück!“ „Ja, mein Herr.“ schallt es mit sanften Stimmen zurück und Gar kann nicht anders, als zu lächeln – was für eine Anmut inmitten dieser harten Welt.
Einige Zeit später …
„Zwei Schiffe auf der Thassa! Nordmänner! Sie sind wieder auf dem Weg. Im Wald war nichts zu sehen…“ So lautete der Bericht des Eingeweihten, bevor er sich aufmachte, sein Gesicht und sein Auge zu behandeln. Pech für ihn, daß es in Lydius nur Heilerinnen gibt. Einer Frau ist es nicht gestattet einen Angehörigen der ersten aller Kasten zu berühren…
Nun ist es Zeit für eine Patrouille, Magnus zu suchen, oder wenigstens seine Leiche zu bergen. Bald brechen sie auf, Gar auf dem Rücken seines Tharlarion, mit Bogen und Gladius bewaffnet, sollten sich doch noch Nachzügler im Wald aufhalten. Ophalia die Heilerin, vier Krieger der Palastwache und zwei Sklavinnen.
Lange streifen sie durch den dunklen Wald, bis sie schließlich auf einer Lichtung Blut entdecken. Eine dünne Blutspur führt auch zum Ufer des Laurius. Die eine Sklavin – Magnus Mädchen – weint.
Doch schließlich kommt die Heilerin zu einem Schluß: „Hier ist niemand getötet worden, Administrator! Dafür ist zu wenig Blut geflossen. Ich werde die Proben noch untersuchen, mit den Instrumenten in meinem Labor kann noch viel mehr festgestellt werden, aber ich bin mir fast sicher … wir sehen hier die Spuren einer Entführung.“
So spricht sie, die letze Zeugin!
(Ein Artikel von Gar aus dem
Lydius Blog. Bilder siehe dort.)