Danziel Lane
Superstar
Das könnte lang werden, Leute mit Lesephobie klicken daher bitte weiter.
Aber es passt. Es ist ein sozialwissenschaftliches Thema.
Hat sich der Journalismus in den letzten Jahrzehnten wirklich so deutlich verändert, wie ich das wahrnehme?
Knappe 40 Jahre zurück: da untersuchten wir in der Schule Zeitungen. Eine Frage, die im Referat zu beantworten war: Wo steht diese Zeitung politisch? Welche Meinung vertritt sie?
Und ich bekam einen Verweis vom Lehrer, weil ich nicht nur die Kommentare der Zeitung nahm, um diese Frage zu beantworten, sondern auch die kleinen Unterschiede in der Formulierung der Berichterstattung.
"Nein" sprach mein Lehrer. "Die politische Meinung der Redaktion kommt nur in den Kommentaren heraus, der Rest der Zeitung ist neutrale Berichterstattung."
10 Jahre später, in den 70-ern war einer meiner Jobs neben dem Studium die Fotografie für eine recht große Lokalzeitung. OK, ich war Fotograf, meistens mit einem Textredakteur unterwegs, aber bisweilen lieferte auch ich die Infos für den Artikel oder schrieb ihn gar selbst.
Deshalb verrieten mir die Redakteure vieles von ihrer Grundeinstellung:
Es ist viel zu leicht, die Leute mit Gerüchten, Spekulationen, Verschwörungstheorien und ähnlichem zu fangen. Solche Artikel werden zwar gerne gelesen, aber es entspricht nicht unserer Ethik, wir verlieren dadurch Vertrauen und auf lange Sicht sinkt das Ansehen der Zeitung und auch die Verkaufszahlen.
Wenn du also die Menschen fangen willst, dann erzähle Geschichten von Menschen, aber keine erfundenen, übertriebenen, erniedrigenden, sondern wahre, bewegende, respektierende.
Außerdem haben die niemals ihren Beruf verheimlicht. Sie stellten sich als erstes vor, nannten die Zeitung und fingen dann erst an zu fragen. Auch das gehörte zu ihrer Ethik, die Menschen, die Informationsgeber, nicht zu hintergehen.
Und viel von der Ethik dieser alten, erfahrenen Redakteure habe ich übernommen, auch bei firmeninternen Memos oder Lehrgangsunterlagen oder was immer ich schrieb.
Heute ...
Hat sich das in den Redaktionen wirklich so enorm geändert oder nehme nur ich das so wahr?
Ich sehe einen Boom von Büchern und Zeitschriften, die auf Verschwörungstheorien basieren und mit Dummheiten Geld verdienen, weil sie sich gegen den Mainstream wenden.
Ich sehe Journalisten, die fast schon damit angeben, dass sie keine Kenne von der Materie haben und dennoch Videos oder Artikel veröffentlichen, die zwar reißerisch geschrieben oder gedreht sind, aber keine verlässliche Information liefern.
Ich sehe Möchtegern-Journalisten im Internet, auf Blogs und selbst auf den Webseiten von bekannten Zeitschriften, die aus einer falschen Info einen langen Artikel machen, die stolz darauf sind, ihre Informanten reingelegt zu haben, weil sie sich nicht oder falsch vorstellten, die gar Namen nennen und beschuldigen auf pure Hypothesen, die so lange Leute fragen, bis sie jemanden finden, dessen Aussage zu ihrer Meinung passt, ich lese Formulierungen voller Hass, Abneigung und Verbitterung.
Und ich finde so wenig sachliche Information in einer Zeit, wo Information fast wertvoller ist als Geld.
Ich sehe aber auch, dass diese dahingeschlampten und falschen Artikel und Videos eine erschreckend kleine Halbwertzeit haben und dermaßen schnell vergessen sind, dass man sich fragt, warum die Arbeit jemals jemand bezahlt hat.
Bei mir persönlich stellt sich eine Abneigung gegen diese neue Art des "Journalismus" ein. Ich hab schon einige Jahre keine Tageszeitung mehr, ich schaue kaum noch fern und Blogs und News im Internet lese ich oft so, dass ich bei vagen Formulierungen, aber auch beim zu deutlichen Zitieren von Zeugen zuerst mal drüber nachdenke, wie wahrscheinlich das Gegenteil von dem ist, was mir da als Wahrheit verkauft werden soll.
Bisweilen versucht man mir zu erklären, dass ein Artikel, der mit wilden Spekulationen, Gerüchten agiert, eben gelesen wird, andere nicht. Nun, ich habe gelernt, dass es auch anders geht.
Journalismus dient der Information und der Meinungsbildung, war und ist immer noch die vierte Kraft in unserer Gesellschaft.
Aber diese Aufgabe verblasst mit all dem User Generated Content, der billigst produziert ist, keine Überlebenschance hat und auf puren Effekt baut, um Leser- oder Klickzahlen zu produzieren.
Und das bedeutet: unsere Meinungsbildung wird mehr und mehr in die Hand von Leuten gegeben, die sich in ihrem Blog gerne großtun, ohne Ahnung zu haben, die schnell mal einen Hassartikel schreiben, wenn sie damit glänzen können ... und die echte Information und Meinung, die auf Nachdenken beruht, geht unter, weil sie sich nicht so propagansistisch, schnell und leichtverdaulich darstellen lässt.
Ich finde das schade.
Aber vielleicht ist es nur ein Ausdruck des Alters, dass ich gerne gute Information hätte und Meinungsbildung durch Anstrengung des Denkmuskels bevorzuge.
Aber es passt. Es ist ein sozialwissenschaftliches Thema.
Hat sich der Journalismus in den letzten Jahrzehnten wirklich so deutlich verändert, wie ich das wahrnehme?
Knappe 40 Jahre zurück: da untersuchten wir in der Schule Zeitungen. Eine Frage, die im Referat zu beantworten war: Wo steht diese Zeitung politisch? Welche Meinung vertritt sie?
Und ich bekam einen Verweis vom Lehrer, weil ich nicht nur die Kommentare der Zeitung nahm, um diese Frage zu beantworten, sondern auch die kleinen Unterschiede in der Formulierung der Berichterstattung.
"Nein" sprach mein Lehrer. "Die politische Meinung der Redaktion kommt nur in den Kommentaren heraus, der Rest der Zeitung ist neutrale Berichterstattung."
10 Jahre später, in den 70-ern war einer meiner Jobs neben dem Studium die Fotografie für eine recht große Lokalzeitung. OK, ich war Fotograf, meistens mit einem Textredakteur unterwegs, aber bisweilen lieferte auch ich die Infos für den Artikel oder schrieb ihn gar selbst.
Deshalb verrieten mir die Redakteure vieles von ihrer Grundeinstellung:
Es ist viel zu leicht, die Leute mit Gerüchten, Spekulationen, Verschwörungstheorien und ähnlichem zu fangen. Solche Artikel werden zwar gerne gelesen, aber es entspricht nicht unserer Ethik, wir verlieren dadurch Vertrauen und auf lange Sicht sinkt das Ansehen der Zeitung und auch die Verkaufszahlen.
Wenn du also die Menschen fangen willst, dann erzähle Geschichten von Menschen, aber keine erfundenen, übertriebenen, erniedrigenden, sondern wahre, bewegende, respektierende.
Außerdem haben die niemals ihren Beruf verheimlicht. Sie stellten sich als erstes vor, nannten die Zeitung und fingen dann erst an zu fragen. Auch das gehörte zu ihrer Ethik, die Menschen, die Informationsgeber, nicht zu hintergehen.
Und viel von der Ethik dieser alten, erfahrenen Redakteure habe ich übernommen, auch bei firmeninternen Memos oder Lehrgangsunterlagen oder was immer ich schrieb.
Heute ...
Hat sich das in den Redaktionen wirklich so enorm geändert oder nehme nur ich das so wahr?
Ich sehe einen Boom von Büchern und Zeitschriften, die auf Verschwörungstheorien basieren und mit Dummheiten Geld verdienen, weil sie sich gegen den Mainstream wenden.
Ich sehe Journalisten, die fast schon damit angeben, dass sie keine Kenne von der Materie haben und dennoch Videos oder Artikel veröffentlichen, die zwar reißerisch geschrieben oder gedreht sind, aber keine verlässliche Information liefern.
Ich sehe Möchtegern-Journalisten im Internet, auf Blogs und selbst auf den Webseiten von bekannten Zeitschriften, die aus einer falschen Info einen langen Artikel machen, die stolz darauf sind, ihre Informanten reingelegt zu haben, weil sie sich nicht oder falsch vorstellten, die gar Namen nennen und beschuldigen auf pure Hypothesen, die so lange Leute fragen, bis sie jemanden finden, dessen Aussage zu ihrer Meinung passt, ich lese Formulierungen voller Hass, Abneigung und Verbitterung.
Und ich finde so wenig sachliche Information in einer Zeit, wo Information fast wertvoller ist als Geld.
Ich sehe aber auch, dass diese dahingeschlampten und falschen Artikel und Videos eine erschreckend kleine Halbwertzeit haben und dermaßen schnell vergessen sind, dass man sich fragt, warum die Arbeit jemals jemand bezahlt hat.
Bei mir persönlich stellt sich eine Abneigung gegen diese neue Art des "Journalismus" ein. Ich hab schon einige Jahre keine Tageszeitung mehr, ich schaue kaum noch fern und Blogs und News im Internet lese ich oft so, dass ich bei vagen Formulierungen, aber auch beim zu deutlichen Zitieren von Zeugen zuerst mal drüber nachdenke, wie wahrscheinlich das Gegenteil von dem ist, was mir da als Wahrheit verkauft werden soll.
Bisweilen versucht man mir zu erklären, dass ein Artikel, der mit wilden Spekulationen, Gerüchten agiert, eben gelesen wird, andere nicht. Nun, ich habe gelernt, dass es auch anders geht.
Journalismus dient der Information und der Meinungsbildung, war und ist immer noch die vierte Kraft in unserer Gesellschaft.
Aber diese Aufgabe verblasst mit all dem User Generated Content, der billigst produziert ist, keine Überlebenschance hat und auf puren Effekt baut, um Leser- oder Klickzahlen zu produzieren.
Und das bedeutet: unsere Meinungsbildung wird mehr und mehr in die Hand von Leuten gegeben, die sich in ihrem Blog gerne großtun, ohne Ahnung zu haben, die schnell mal einen Hassartikel schreiben, wenn sie damit glänzen können ... und die echte Information und Meinung, die auf Nachdenken beruht, geht unter, weil sie sich nicht so propagansistisch, schnell und leichtverdaulich darstellen lässt.
Ich finde das schade.
Aber vielleicht ist es nur ein Ausdruck des Alters, dass ich gerne gute Information hätte und Meinungsbildung durch Anstrengung des Denkmuskels bevorzuge.